Wer sich für die Obertonreihe begeistert, für Stimmhämmer und für die Blechstimmkunst, interessiert sich vielleicht auch für Legenden in diesem Zusammenhang-? Hier nur ein Fundstück dazu und einzwei weiterführende Anregungen.

Pythagoras und die Schmiede

Der Legende nach war Pythagoras durch die Klänge von Schmiedehämmern inspiriert das Monochord zu erschaffen, was ihn wiederum zu den Grundlagen der Obertonreihe brachte. Von der Geschichte gibt es einige leicht verschiedene historisch überlieferte Versionen. 

Kurz zusammengefasst geht die Geschichte ca. so: Als Pythagoras “an einer Schmiede vorbeikam, wo vier Handwerker mit Hämmern bei der Arbeit waren, bemerkte er, dass die einzelnen Schläge Töne unterschiedlicher Tonhöhe hervorriefen, die paarweise Harmonien ergaben. Dabei konnte er Oktave, Quinte und Quarte unterscheiden. Darauf lief er freudig in die Schmiede, um Versuche anzustellen. Dabei fand er heraus, dass der Unterschied in der Tonhöhe weder von der Gestalt des Hammers noch von der Lage des geschlagenen Eisens oder der Kraft des Schlags abhängt. Vielmehr konnte er die Tonhöhen den Gewichten der Hämmer zuordnen, die er genau maß. Darauf kehrte er nach Hause zurück, um dort die Experimente fortzusetzen.” (Quelle: Waldorf Ideen Pool)

Diese Version, hier erzählt von Anthroposophen, ist aber etwas kurz geraten. Eine ausführlichere Reflexion und Kritik sowie physikalische Hintergründe finden sich – vielleicht nur als guter Einstieg in das Thema – z.B. auf Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Pythagoras_in_der_Schmiede

Konkrete Überlieferungen und Übersetzungen des Mythos finden Interessierte in dem Buch “Schmied und Musik” von Ruth Michels-Gebler erklärt. In dieser Arbeit, die als umfangreiches Forschungsprojekt konzipiert war, wird diese Pythagorasgeschichte auch als Kontrapunkt zu der (biblischen) Geschichte von Tubal und Jubal erzählt. Es handelt sich quasi um zwei verschiedene Ursprünge von Musik, die markanterweise beide mit dem Schmieden zusammenhängen.

Schmieden, Hämmer und Musik hängen also schon eine kleine Ewigkeit der Menschheitsgeschichte zusammen – unabhängig davon, wie sich die Geschichte nun ganz genau zugetragen hat. Letztlich hat Pythagoras die Obertonreihe entdeckt und ausformuliert – und zwar inspiriert durch die Schläge von Hämmern auf Metall. Der Forscher Walter Burkert geht noch ein paar Schritte weiter zurück:

“Walter Burkert ist der Ansicht, dass die Legende trotz der physikalischen Unmöglichkeit nicht als willkürliche Erfindung zu betrachten sei, sondern einen Sinn habe, der in der griechischen Mythologie zu finden sei. Die Idäischen Daktylen, die mythischen Erfinder der Schmiedekunst, waren einem Mythos zufolge auch die Erfinder der Musik. Von einem Zusammenhang zwischen Schmiedekunst und Musik ging somit offenbar schon eine sehr alte Überlieferung aus, in der die mythischen Schmiede als Kenner des Geheimnisses der magischen Musik dargestellt wurden. Burkert sieht in der Legende von Pythagoras in der Schmiede eine späte Umformung und Rationalisierung des uralten Daktylen-Mythos: In der Pythagoras-Legende erscheinen die Schmiede nicht mehr als Besitzer alten magischen Wissens, sondern sie werden, ohne es zu wollen, zu – wenngleich unwissenden – “Lehrmeistern” des Pythagoras.”

Weiterführende Anmerkungen: Schmied und Musik

Spannend in dem Zusammenhang sind auch viele andere Mythen und Erzählungen um die Schmiedekunst: Dazu empfehlenswert ist etwa dieser Artikel über die Rolle des Schmiedes in der Kultur. Dem Zusammenhang vom Schmiedeberuf und der Alchemie hat der berühmte (und auch “berüchtigte” – er war nebstbei Faschist, hat sich aber später dazu ausgeschwiegen) Religionshistoriker Mircea Eliade ein ganzes Buch gewidmet (“Schmiede und Alchemisten. Mythos und Magie der Machbarkeit” ). Ohne ins Detail zu gehen: der Schmied hat scheinbar in allen oder den meisten Kulturen der Welt eine recht spezielle mythologische Rolle. Es gibt auch einige Überlieferungen, die insbesondere den Schmied und die Musik zusammenbringen (Siehe dazu auch: “Schmied und Musik” von Ruth Michels-Gebler). Nur kurz, einzwei Beispiele: “Der Musikmeister Kui des mythischen chinesischen Urkaisers Shun ( 23. Jahrhundert v. Chr.) wird im „Buch der Urkunden“ (Shujing) als Erfinder der Musik genannt. Er gilt auch als alchemistischer Schmied, weil er Bronzekessel schmiedete, welche die Prinzipien Yin und Yang verkörperten“. Die Zusammengehörigkeit von Schmiedehandwerk und Musik durchzieht auch viele Mythen und Bräuche des Orients und Afrikas. In Südostasien haben etwa die Hersteller der Buckelgongs (Gamelan) eine besondere Rolle: “Weil die Schmiede bei ihrer sensiblen Arbeit in besonderem Maß dem Einfluss übelwollender Geister ausgesetzt erschienen, trugen sie andere Namen, die sie von Figuren der Panji-Erzählungen übernahmen. Indem die Schmiede sich mit dem mythischen Helden Panji namentlich identifizierten, steigerten sie ihr Ansehen bis auf die Stufe des verehrten, mit übernatürlichen Fähigkeiten ausgestatteten Helden.”

Nein- Ich will auf nichts hinaus, eher einfach nur ein bisschen tiefer eintauchen in die Geschichte von Hammer und Klang. Die hier angerissenen Geschichten schwingen vielleicht ein Stück weit mit im singenden Blech- vielleicht auch nicht.

Artikel revidiert am 26.3.2023

phytagoras-schmiede

Bild-Quelle Wikipedia: Schmied